Dienstag, 13. Juni 2017

Der Versuch des Betruges

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Dessau-Roßlau: 
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Minus Roßlau, plus Bauhaus? 


DESSAU-ROSSLAU/MZ. 

Die Frage nach dem Warum beantwortet der vorletzte Satz. "Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeitpunkt gekommen ist." Rolf Rätzer wiederholt den Satz und lässt keine Zweifel: Für den Chef des Wirtschafts- und Industrieclubs Anhalt ist der Zeitpunkt gekommen, die Stadt "Dessau-Roßlau" umzubenennen - in "Bauhausstadt Dessau". "Wir müssen endlich die Stärken dieser Stadt hervorheben. Und das schon im Namen."


Große Anzeige

Die Wirtschaftsverbände der Stadt haben eine Initiative gestartet und sich dies etwas kosten lassen: In der Sonnabend-Ausgabe der MZ gab es auf der lokalen Titelseite eine große dreispaltige Anzeige, die viereinhalb Jahre nach der Fusion von Dessau und Roßlau Anstoß geben soll für eine Debatte der "Namenskorrektur", wie Rätzer den Prozess bezeichnet. "Die Umbenennung ist eine imagebildende Maßnahme, die die Unternehmer der Stadt brauchen."

Im Jahr 2007 gab es schon einmal eine Initiative, die Stadt in "Bauhausstadt Dessau" umzubenennen. Schon vor der Fusion. Die Stadträte Ralf Schönemann (Linke), Jürgen Neubert (FDP), Hans-Christian Sachse (SPD) und Matthias Bönecke (Pro Dessau) gingen damals in die Offensive - und hatten im sensiblen Fusionsprozess keine Chance.


Roßlau witterte Verrat

Proteste gab es vor allem aus Roßlau, das Verrat am Miteinander witterte. Am Ende meldete sich sogar Klemens Koschig zu Wort. "Die Erwähnung von Roßlau im künftigen Stadtnamen war bei der Entscheidung für die Fusion auf Roßlauer Seite von nicht unerheblicher Bedeutung und darf nicht leichtfertig in Frage gestellt werden", protestierte Roßlaus Noch-Bürgermeister im April 2007 in einem Brief an Dessaus Stadtratsvorsitzenden Stefan Exner. Kurz darauf wurde eine Bürgeranhörung abgesagt.
Auch jetzt dürfte die Umbenennung vor allem in Roßlau strittig sein. Rätzer weiß darum, nimmt das aber hin. "Alles was gut für Dessau ist, ist auch gut für Roßlau. Von einem starken Zentrum profitieren alle." Rätzer weiß Dessau-Roßlaus Wirtschaftsjunioren, den Bund der Selbständigen, den Verband der Unternehmerinnen, den Bauernverband, die Kreishandwerkerschaft und den Wirtschafts- und Industrieclub hinter sich. In der Liste fehlt einzig der Wirtschaftskreis Roßlau.

"Da gab es keine Rückmeldung", erklärt Rätzer. "Der Vorstand des Wirtschaftskreises tagt erst am Dienstag", sagt Hans-Joachim Mau. Der ist Roßlauer, CDU-Fraktionschef und Chef des Wirtschaftskreises - und ist im Zwiespalt. "Wir werden uns erst nach einer intensiven Beratung äußern." Klar sei aber: Man müsse die Roßlauer mitnehmen.

Der Verstoß der Wirtschaftsverbände kommt zu einem richtigen Zeitpunkt. Dessau-Roßlaus Politik war in den vergangenen Wochen nicht untätig. Im Bauhaus hat sich zuletzt immer wieder ein Arbeitskreis getroffen mit Stadträten aller Fraktionen, um den 100. Bauhaus-Geburtstag im Jahr 2019 vorzubereiten. 

Im Ergebnis wird gerade eine Erklärung abgestimmt, die den Titel "Bauhausstadt Dessau - Bekenntnis und Anforderungen, Ziele und Maßnahmen" trägt. Acht Maßnahmen sind vorformuliert. Die Umbenennung der Stadt ist eine davon. Rätzer begrüßt das. "Unsere größte Sorge ist, dass die notwendige Umbenennung durch parteitaktische Spielereien verhindert wird." Doch noch noch nie war der Konsens im Stadtrat größer.

Die Dynamik ist gerade enorm, eine Mehrheit in Sicht: Am Donnerstag soll die Erklärung von allen Fraktionen abschließend überarbeitet und gebilligt werden. Wird ein Konsens erzielt, könnte schon am 16. Mai eine Vorlage in den Hauptausschuss eingebracht werden. Gibt es dort eine Mehrheit, soll am 30. Mai eine Sondersitzung des Dessau-Roßlauer Stadtrates stattfinden. Einziger Tagesordnungspunkt: der neue Stadtname.




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