Dienstag, 13. Juni 2017

Clemens Koschig - Wegbereiter der Fusion

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Wir sind unserer Zeit voraus


Dessau/MZ. -
Vorab sprach MZ-Redakteur Steffen Brachert mit Dessaus amtierendem Stadtoberhaupt Karl Gröger und dem Roßlauer Bürgermeister Klemens Koschig, der am 1. Juli als neuer Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister vereidigt wird.

*In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag fusionieren die Städte Dessau und Roßlau. Was überwiegt: Wehmut oder Vorfreude?

Gröger: Wider allen Unkenrufen, trotz aller Schwierigkeiten: Wir - und damit meine ich die Verwaltung und die Stadträte in beiden Städten - haben diese Fusion gut vorbereitet. Ich spüre da Freude und Genugtuung, dass uns das gelungen ist. Die Vernunft hat sich durchgesetzt. Schon heute ist nicht mehr auszudenken, wenn Dessau per Gesetz seine Kreisfreiheit verloren hätte. Mit der Fusion ist es uns gelungen, ein Höchstmaß an Selbstverwaltung zu erhalten.
War es das alle Mühen wert?

Koschig: Das ist heute nicht zu beantworten, weil es Negativbeispiele braucht, um zu beurteilen, was sonst passiert wäre. Letztlich muss es die Geschichte zeigen. Ich glaube aber: Wir sind mit dieser Fusion unserer Zeit voraus. Die politische Entwicklung muss hin zu größeren Verwaltungseinheiten gehen.

*Der Fusionsprozess war nicht frei von Problemen. Es gibt bis heute keinen Fusionsvertrag.

Gröger: Es gab Probleme, die Absichten des Fusionsvertrages mit dem Gesetz in Einklang zu bringen. Das ist richtig. Doch das ist am Ende nicht entscheidend.

Koschig: Wir haben immer betont, wir halten uns an den Geist des Vertrages. Wir haben da nie Zweifel gelassen. 

*Eine Eingemeindung hätten beide Seiten wahrscheinlich viel problemloser haben können.

Gröger: Ein Eingemeindung hätte nicht funktioniert. Da hätte es 2005 keine Akzeptanz gegeben. Wir haben uns für den schwereren, dornenreichen Weg entschieden.

Koschig: Die Fusion war die einzige Möglichkeit, in Roßlau eine Mehrheit zu finden.

*Was war das Schwerste im Fusionsprozess?

Koschig: Ich denke, das war das Ringen um die Wahrheit, die immer in der Mitte liegt.

*Wann werden sich die Dessauer und Roßlauer als Dessau-Roßlauer fühlen?

Gröger: Ich weiß gar nicht, ob das ein Ziel ist. Die Kühnauer sind zuerst Kühnauer und dann Dessauer und vielleicht irgendwann einmal Dessau-Roßlauer.

Koschig: Phonetisch ist Dessau-Roßlau nicht ganz einfach. Je mehr es uns gelingt, dass sich die Einwohner in ihren Stadtteilen wohlfühlen, desto mehr wird die Akzeptanz für die gesamte neue Stadt zunehmen. Ich sage: Das Zusammenwachsen hat längst begonnen. Ich bin davon überzeugt, wenn wir heute in Roßlau noch einmal über die Fusion abstimmen würden, dann wäre die Zustimmung bei den Bürgern viel höher als die 52 Prozent von 2005.

Gröger: Wir müssen es hinkriegen, dass der Verwaltungsapparat ab Montag sofort und nahtlos miteinander verzahnt wird. Der Bürger darf die Fusion nicht spüren, nicht negativ zumindest.

*Skeptiker sehen ein künstliches Gebilde, das entsteht: eine Stadt, die längst auf Landkreisgröße angewachsen ist.

Koschig: Das ist eher für die Verwaltung ein Problem als für den Bürger. Aber es ist kein unlösbares Problem.

*Es gibt ab 1. Juli 14 Ortschaftsräte, wenn Vockerode, Wörlitz und Horstdorf dazu kommen, sogar 17. Ist das noch händelbar?

Koschig: Wir werden verwaltungsintern die personellen Voraussetzungen dafür schaffen. Klar ist: Die Ortschaftsräte haben sich bewährt, sind eine sehr sinnvolle Einrichtung. Die Bürger haben einen Ansprechpartner vor Ort, die Verwaltung besitzt ein wichtiges Bindeglied. Das tut der Effizienz keinen Abbruch. Es stärkt das Ehrenamt.

*Herr Gröger, mit der Fusion endet Ihre Zeit als Oberbürgermeister. Was waren das für acht Monate?

Gröger: Es war eine der schönsten und anspruchsvollsten Herausforderungen. Es war ein unwahrscheinlicher Lern- und Erkenntnisprozess - mit vielen unpopulären Entscheidungen, die zu treffen waren. Ich bin stolz, dass wir in dieser Zeit ein paar ganz wichtige Dinge gerissen haben: Wir haben einen ordentlichen Haushalt beschlossen. Wir sind auf Augenhöhe mit Halle und Magdeburg. Das Land will das Finanzausgleichsgesetz zugunsten der Oberzentren ändern. Wir haben mit Anhalt-Zerbst einen ganzen Kreis aufgeteilt.

*Welchen Tipp geben Sie Klemens Koschig?

Gröger: Neben guten Wünschen den Rat, jedes Problem hinreichend zu beleuchten, sich immer in die andere Seite hineinzudenken, dann aber schnell zu entscheiden. Klemens Koschig hat bei allen Schwierigkeiten eine große Chance: In den nächsten sieben Jahren gibt es keine Kommunalwahlen. Das gibt eine Ruhe, die man nicht hoch genug einschätzen kann.

*Wie sieht Dessau-Roßlau am 1. Juli 2014 aus?
Koschig: Die Stadt wird noch ein Stück schöner sein. Vielleicht fühlen sich die Bürger sogar schon als Dessau-Roßlauer.







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