Dienstag, 20. Juni 2017

Teil 3 - Protest aus Roßlau

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Per Sonderkurier an Stadträte 

Protestbrief aus Roßlau 
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für Erhalt des Stadtnamens 


Roßlau -

Es ist Sonntag, 17.45 Uhr, als die 50. Unterschrift unter einen Protestbrief gesetzt wird. Er soll noch am Abend jedem einzelnen Dessau-Roßlauer Stadtrat per Sonderkurier zugestellt werden. Sein Inhalt: Roßlauer Bürger, Vertreter von Vereinen, Feuerwehr und auch Politiker setzen sich für den Erhalt des Stadtnamens Dessau-Roßlau ein und wenden sich damit gegen eine Vorlage, die am Mittwoch dieser Woche im Stadtrat beschlossen werden soll.


„Ich fühle mich nicht nur hintergangen, sondern betrogen und würde gerne gegen einzelne Mitglieder des Stadtrats Anzeige wegen Betrugs erstatten“, sagte der Roßlauer Winfried Böttcher am Sonntagabend in der Feuerwache, wo Mitglieder des Ortschaftsrates und des Stammtisches der Vereine den gemeinsamen Brief an die Stadträte verabschiedeten. Darin heißt es unter anderem: „Wir rufen Sie hiermit in aller Dringlichkeit auf, diese Vorlage (zur Namensänderung - die Red) nicht zu beschließen, da schon der öffentliche Aufruf zur Änderung des Stadtnamens einen Bruch der Vereinbarung über den Zusammenschluss der Stadt Dessau mit der Stadt Roßlau darstellt, die vor zwölf Jahren beide Stadträte beschlossen und somit zu gültigen Dokumenten für die Doppelstadt Dessau-Roßlau bestimmt hatten.“ Sollte der Stadtrat am Mittwoch dennoch einen Beschluss zur Durchführung eines Bürgerentscheides legitimieren, so sehen die Unterzeichner keine Grundlage mehr für eine erfolgreiche Zukunft der gemeinsamen Doppelstadt. Appelliert wird eindringlich, „alles zu unternehmen, damit der durch die Namensdiskussion aufgeworfene Graben endlich zugeschüttet wird“.

Ermuntert wurden die Akteure auch von einem Wittenberger, der als Einzelkandidat zur Bundestagswahl noch Unterschriften benötigt: „Trauen Sie sich was“, sagte Tobias Ulbrich. Der Roßlauer Bernd Klaue (Die Linke) machte deutlich, dass nicht alle Linken für den Bürgerentscheid sind. „Wir stellen uns hinter die Initiative des Ortschaftsrates“, sagte er. Es wurde mehrfach von Rednern betont, dass es in der Doppelstadt dringendere Probleme gebe als die Änderung eines Namens und dass die Namensänderung die Wirtschaft nicht voranbringe.

Beim Appell allein blieb es nicht. Roßlaus stellvertretende Ortsbürgermeisterin Sylvia Gernoth forderte die Roßlauer auf, am Mittwoch ins Dessauer Rathaus zum Stadtrat zu kommen. „Wir wollen erreichen, dass die Vorlage von der Tagesordnung genommen wird“, sagte sie. (mz)



Quelle: http://www.mz-web.de/27814832 ©2017






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Dienstag, 13. Juni 2017

Der Betrug - Teil 2

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Diskussion um "Dessau": 

Kritiker sprechen von Wortbruch 


und „Heiratsschwindel“ 




Dessau-Roßlau 

Die Pläne für den neuen Stadtnamen „Dessau“ haben heftige Diskussionen ausgelöst. Befürworter und Gegner eines Bürgerentscheids stehen sich dabei nahezu unversöhnlich gegenüber.

Die einen sehen einen neuen Namen als Gewinn für beide Städte. Andere befürchten jedoch, dass es zu einer Spaltung kommt.

Gibt es bald einen Bürgerentscheid?


Vor dem Wochenende war durchgesickert, dass Stadträte am 21. Juni über einen Bürgerentscheid zum Stadtnamen abstimmen wollen.

Damit könnten Einwohner am Tag der Bundestagswahl entscheiden, ob Dessau-Roßlau künftig nur noch Dessau heißt. In einem zweiten Schritt könnte der Zusatz „Bauhausstadt“ oder „Die Bauhausstadt“ folgen.


Befürworter hoffen auf besseres Image


„Wir haben in den vergangenen Jahren versäumt, für die Stadt ein Image aufzubauen und ihr ein Profil zu geben“, sagt Mirko Kirschner, Vorsitzender des Wirtschafts- und Industrieclubs Anhalt (WIC) in Dessau.

Die Vereinigung ist die treibende Kraft für eine Umbenennung, unterstützt von weiteren Vertretern der Wirtschaft. „Wenn wir sichtbarer und interessanter für Externe werden wollen, müssen wir bekannter werden und brauchen ein besseres Image.

Mit einem neuen Namen hätten wir mehr Strahlkraft.“ Dabei steht der WIC vor allem für den Namen „Bauhausstadt Dessau“ als Marke.


mz - web 
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Der Betrug an Roßlau - Teil 1 / 2017

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Stadträte wollen Bürgerentscheid: 

Soll Dessau-Roßlau nur noch Dessau heißen? 


Dessau-Roßlau 

Die Feier zum Geburtstag fällt wohl aus:  Zehn Jahre nach der Fusion von Dessau und Roßlau steht plötzlich eine  Umbenennung der Stadt zur Debatte.

Stadträte  wollen einen Bürgerentscheid initiieren, bei dem  Einwohner  am Tag der Bundestagswahl  abstimmen sollen, ob Dessau-Roßlau künftig nur noch Dessau heißt. Ob ein Bürgerentscheid stattfindet,  soll in der Stadtratssitzung am 21. Juni  beschlossen werden.

Fünf von sechs Fraktionen tragen den Vorschlag mit. Die Roßlauer aber fühlen sich verraten und verkauft.


In Zukunft nur noch Dessau?


Mit dem Namen Dessau könne sich die Stadt weiter entwickeln und besser auf sich aufmerksam machen, meint Ralf Schönemann, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Stadtrat, die auch Einreicher der Vorlage ist.


mz - web




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Der Versuch des Betruges

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Dessau-Roßlau: 
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Minus Roßlau, plus Bauhaus? 


DESSAU-ROSSLAU/MZ. 

Die Frage nach dem Warum beantwortet der vorletzte Satz. "Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeitpunkt gekommen ist." Rolf Rätzer wiederholt den Satz und lässt keine Zweifel: Für den Chef des Wirtschafts- und Industrieclubs Anhalt ist der Zeitpunkt gekommen, die Stadt "Dessau-Roßlau" umzubenennen - in "Bauhausstadt Dessau". "Wir müssen endlich die Stärken dieser Stadt hervorheben. Und das schon im Namen."


Große Anzeige

Die Wirtschaftsverbände der Stadt haben eine Initiative gestartet und sich dies etwas kosten lassen: In der Sonnabend-Ausgabe der MZ gab es auf der lokalen Titelseite eine große dreispaltige Anzeige, die viereinhalb Jahre nach der Fusion von Dessau und Roßlau Anstoß geben soll für eine Debatte der "Namenskorrektur", wie Rätzer den Prozess bezeichnet. "Die Umbenennung ist eine imagebildende Maßnahme, die die Unternehmer der Stadt brauchen."

Im Jahr 2007 gab es schon einmal eine Initiative, die Stadt in "Bauhausstadt Dessau" umzubenennen. Schon vor der Fusion. Die Stadträte Ralf Schönemann (Linke), Jürgen Neubert (FDP), Hans-Christian Sachse (SPD) und Matthias Bönecke (Pro Dessau) gingen damals in die Offensive - und hatten im sensiblen Fusionsprozess keine Chance.


Roßlau witterte Verrat

Proteste gab es vor allem aus Roßlau, das Verrat am Miteinander witterte. Am Ende meldete sich sogar Klemens Koschig zu Wort. "Die Erwähnung von Roßlau im künftigen Stadtnamen war bei der Entscheidung für die Fusion auf Roßlauer Seite von nicht unerheblicher Bedeutung und darf nicht leichtfertig in Frage gestellt werden", protestierte Roßlaus Noch-Bürgermeister im April 2007 in einem Brief an Dessaus Stadtratsvorsitzenden Stefan Exner. Kurz darauf wurde eine Bürgeranhörung abgesagt.
Auch jetzt dürfte die Umbenennung vor allem in Roßlau strittig sein. Rätzer weiß darum, nimmt das aber hin. "Alles was gut für Dessau ist, ist auch gut für Roßlau. Von einem starken Zentrum profitieren alle." Rätzer weiß Dessau-Roßlaus Wirtschaftsjunioren, den Bund der Selbständigen, den Verband der Unternehmerinnen, den Bauernverband, die Kreishandwerkerschaft und den Wirtschafts- und Industrieclub hinter sich. In der Liste fehlt einzig der Wirtschaftskreis Roßlau.

"Da gab es keine Rückmeldung", erklärt Rätzer. "Der Vorstand des Wirtschaftskreises tagt erst am Dienstag", sagt Hans-Joachim Mau. Der ist Roßlauer, CDU-Fraktionschef und Chef des Wirtschaftskreises - und ist im Zwiespalt. "Wir werden uns erst nach einer intensiven Beratung äußern." Klar sei aber: Man müsse die Roßlauer mitnehmen.

Der Verstoß der Wirtschaftsverbände kommt zu einem richtigen Zeitpunkt. Dessau-Roßlaus Politik war in den vergangenen Wochen nicht untätig. Im Bauhaus hat sich zuletzt immer wieder ein Arbeitskreis getroffen mit Stadträten aller Fraktionen, um den 100. Bauhaus-Geburtstag im Jahr 2019 vorzubereiten. 

Im Ergebnis wird gerade eine Erklärung abgestimmt, die den Titel "Bauhausstadt Dessau - Bekenntnis und Anforderungen, Ziele und Maßnahmen" trägt. Acht Maßnahmen sind vorformuliert. Die Umbenennung der Stadt ist eine davon. Rätzer begrüßt das. "Unsere größte Sorge ist, dass die notwendige Umbenennung durch parteitaktische Spielereien verhindert wird." Doch noch noch nie war der Konsens im Stadtrat größer.

Die Dynamik ist gerade enorm, eine Mehrheit in Sicht: Am Donnerstag soll die Erklärung von allen Fraktionen abschließend überarbeitet und gebilligt werden. Wird ein Konsens erzielt, könnte schon am 16. Mai eine Vorlage in den Hauptausschuss eingebracht werden. Gibt es dort eine Mehrheit, soll am 30. Mai eine Sondersitzung des Dessau-Roßlauer Stadtrates stattfinden. Einziger Tagesordnungspunkt: der neue Stadtname.




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Der Mann vom Kölner Institut und Dessau

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Dessau-Roßlau: 
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Hoffnungsträger mit blauen Flecken 


DESSAU-ROSSLAU/MZ

Dessaus größte Hoffnungsträger, Karl Lichtblau vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, brauchte ein paar Sätze, diese zu demontieren. Das Bauhaus? "Es hat keinen wissenschaftlichen Anspruch, keine Verknüpfung zur Hochschule und auch keinen Willen dazu." Das Umweltbundesamt? "Es ist eine solitäre Bundesbehörde, die in der Region keine strukturelle Wirkung hat." Der Tourismus? "In sämtlichen touristischen Kennziffern ist eine Stadt wie Weimar mit dem Faktor 4 besser." Lichtblau formulierte die frisch erarbeitete Sicht eines Außenstehenden mit schonungsloser Offenheit. Genau das war seine Aufgabe.


Auftrag im November 2009

Im November vergangenen Jahres hat das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft den Auftrag erhalten, für das kreisfreie Oberzentrum Dessau-Roßlau ein Wachstums- und Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Ein solches Papier war der größte Wunsch von Joachim Hantusch, dem neuen Dezernenten für Wirtschaft und Stadtentwicklung. Es brauchte Monate, eine Möglichkeit zu finden, es extern zu finanzieren.

In den fünf Monaten hat das Institut hunderte Zahlen und Fakten zusammengetragen und 30 Interviews in Dessau-Roßlau, in Anhalt und in Magdeburg geführt. Im Ergebnis steht ein Zwischenbericht, den Lichtblau am Donnerstag dem Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Tourismus und dem Wirtschaftsbeirat der Stadt präsentierte. Zurück blieben reichlich konsternierte Stadträte und Unternehmer. Lichtblau hatte ihnen binnen einer Stunde eines klar gemacht: Viele Chancen hat Dessau-Roßlau nicht mehr.

Ganz am Anfang standen drei Grafiken. Eine Übersicht stellte Produktivität und Arbeitslosigkeit ins Verhältnis mit den insgesamt 413 Landkreisen und kreisfreien Städten im Land. Dessau-Roßlau liegt dort auf Platz 392. Eine Tabelle dokumentierte die wirtschaftliche Dynamik in den Jahren 2000 bis 2009. Dessau-Roßlau nimmt dort den 61. Platz ein. Ein ordentlicher Wert. Eigentlich. Trotzdem reicht der eben nur zu Platz 392 im viel wichtigeren Ranking. Ein Diagramm zeigte die demografische Entwicklung und hatte drei Linien. Eine normale, fast waagerechte, die die vorausberechnete Entwicklung in Deutschland verdeutlichte. Eine leicht abfallende Linie, die zeigte, was aus den ostdeutschen Oberzentren wird. Und dann gab es da noch eine dramatisch fallende Linie, die Dessau-Roßlaus Zukunft beschrieb. "Das Problem der demografischen Entwicklung", bilanzierte Lichtblau, "dominiert in Dessau-Roßlau aus."

Der Mann vom Kölner Institut hatte die Dessau-Roßlauer Stärken und Schwächen analysiert - und vor allem eines festgestellt: Dessau-Roßlau fehlt - unabhängig von der Hochschule - eine wissenschaftliche Infrastruktur, die die Stadt interessant macht für junge und hoch qualifizierte Leute - und damit auch zukunftsfähig.

Vier ernsthafte Entwicklungsperspektiven benannte Lichtblau für Dessau-Roßlau. In dieser Deutlichkeit hat das bislang noch keiner definiert. Als Biopharma-Gesundheitsregion. Wenn die Stadt die Potenziale des Biopharmaparks in Rodleben mit seinen über 800 Mitarbeitern stärker nutzt und auch das Städtische Klinikum einbindet. Als Stadt des Bauhauses. Wenn das Haus nicht nur als touristisches Ziel wahrgenommen wird, sondern stärker auf die Bildung setzt. "Ein paar Sommerkurse", kritisierte Lichtblau, "reichen da nicht aus." Als kulturelles und touristisches Ziel. "Wenn die Vermarktung entscheidend verbessert wird." Und als Dienstleister für das Umland hat die Stadt Chancen. Wenn Dessau-Roßlau "Tauschmengen" findet.


Problematisches Verhältnis

Das Verhältnis von Dessau-Roßlau zum Umland sah Lichtblau problematisch. "Mit der Entscheidung, kreisfreies Oberzentrum zu bleiben, hat sich die Kooperationsstrategie signifikant verschlechtert." Stadträte und Unternehmer forderte Lichtblau auf, vor allem auf eine Frage eine Antwort zu finden: "Warum soll das Umland mit Dessau-Roßlau kooperieren?"

Es ist nicht die einzige Antwort, die aussteht. Joachim Hantusch gab das unumwunden zu. "Nur wenn wir wissen, wo wir stehen, wissen wir auch, wo wir anpacken müssen", verteidigte der Dezernent die kritische Bestandsaufnahme, die in den nächsten Wochen verfeinert werden soll. Das Institut der Deutschen Wirtschaft wird weitere Gespräche führen und die Recherchen vertiefen. "Wir werden beispielsweise untersuchen, wo in letzter Zeit wissenschaftliche Institute und private Hochschulen erfolgreich gegründet wurden", sagte Lichtblau. Gesucht wird eine Handlungsblaupause für Dessau-Roßlau. "Wir müssen uns", sagte Hantusch, "Nischen schaffen."

Dessau-Roßlaus Unternehmer stehen ihm dabei zur Seite. "Wir brauchen definitive Strategiefestlegungen", forderte Rolf Rätzer, Chef des Anhaltischen Elektromotorenwerkes und Präsident des Wirtschafts- und Industrieclubs Anhalt. Heinz Hoffmann, Chef der IDT Biologika GmbH, dem großen Hoffnungsträger, sah das ähnlich. "Wir brauchen Leitlinien, die nicht im Leitbild untergehen. Und wir dürfen nicht noch einmal 10 Jahre nur Absichtserklärungen abgeben." Das Wachstums- und Entwicklungskonzept müsse dabei helfen. Genau deshalb hatte es Hantusch in Auftrag gegeben.



Quelle: http://www.mz-web.de/7536454 ©2017

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In keiner anderen Stadt ist die Stimmung so schlecht

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DESSAU-ROSSLAU/MZ. Karl Lichtblau hat schon viele Städte gesehen und erlebt. "Doch in keiner anderen Stadt", sagt der Mann vom Institut der Wirtschaft in Köln, "war die Stimmung so dramatisch schlecht wie in Dessau-Roßlau." Ein halbes Jahr lang hat sich Lichtblau intensiver mit dem kreisfreien Oberzentrum an Elbe und Mulde auseinander gesetzt, hat Daten gesammelt, mit vielen Entscheidungsträgern vor Ort gesprochen. All das passierte im Auftrag der Stadt, die sich von externen Experten ein eigenes Wachstums- und Entwicklungskonzept gewünscht - und es in dieser Woche auch erhalten hat. "Ich weiß nicht, ob diese schlechte Stimmung die Realität ist, die Wahrnehmung ist es auf jeden Fall." Für Lichtblau erschwert das alles. "Die subjektive Stimmung in der Stadt schränkt die objektiven Rahmenbedingungen zusätzlich ein."



Wenig Überraschungen
Lichtblaus Präsentation am Montag im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Tourismus war mit Spannung erwartet worden. Große Überraschungen blieben aus. Wer im April die Zwischenpräsentation der Stärken-Schwächen-Analyse gehört hatte, der kannte vieles, der staunte allenfalls, wie sehr Lichtblaus vorgeschlagene Maßnahmen schon mit den zuletzt gestarteten Bemühungen der Verwaltung übereinstimmten. Was war da zuerst da? 

Dessau-Roßlau, so die ernüchternde Analyse, hat vor allem zu wenig. Zu wenig Studenten. Zu wenig wissenschaftliche Institute. Zu wenig funktionierende Netzwerke, die mehr als Lobbyismus betreiben. Zu wenig Exporte. Zu wenig Wertschöpfung aus dem Tourismus. Zu wenig Beschäftigte im Tourismus. Und Dessau-Roßlau hat ein demografisches Problem: Die Stadt verliert dramatisch an Einwohnern. All das sind Punkte, die Wirtschaftswissenschafter eigentlich wenig Stoff geben, Zukunftsperspektiven für eine Stadt zu entwickeln. In Dessau-Roßlau versuchten Lichtblau und Kollegen, aus der Not eine Tugend zu machen. 

Ihr Wachstums- und Entwicklungskonzept basiert auf drei Säulen: dem Faktor Wissen, dem Status als Oberzentrum und dem Tourismus. Allein in diesen drei Bereichen gibt es ihrer Ansicht nach Hoffnung, die Stadt nach vorn zu bringen. "Ich rate ihnen ab, auf den großen Investor zu warten", sagte Lichtblau und forderte die Stadt auf, "Tauschmengen" für die Region zu entwickeln. "Die Stadt Dessau-Roßlau allein wird es nicht schaffen, den Strukturwandel zu gestalten. Es muss Kooperationen nach innen und nach außen geben." Um für alles gewappnet zu sein. "Über kurz oder lang", sagte Lichtblau voraus, "wird es wieder Diskussionen über die Kreisfreiheit geben." 

Das Institut der Wirtschaft in Köln hat konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet. Im Bereich der Wirtschaft rät es zur Gründung von wissenschaftlichen Instituten, die am Biopharmapark Rodleben, am Städtischen Klinikum und am Umweltbundesamt angesiedelt sein können. Im Biopharmapark und am Klinikum gibt es dazu seit langem Gespräche. Im Bereich der Bildung soll eine Kooperation der Hochschule Anhalt und der Berufsbildenden Schule in Dessau forciert werden, wird ein Ausbildungszentrum für Pflegeberufe empfohlen. Das entspricht der Idee von einem Gesundheitscampus, die in der Stadt immer mal wieder auftaucht. Überhaupt sieht Lichtblau die Bildung als große Chance für die Stadt. Dem Traum von einer Dessauer Bauhaus-Universität erteilte Lichtblau zwar eine klare Absage. "Das hat keine Chance mehr." Eine Akademie für Aus -und Weiterbildung sei aber sinnvoller - und realistischer. 

Im Bereich des Verkehrs sieht Lichtblau vor allem die B 6n und den Hafen Roßlau mit dem begonnenen Ausbau als Industriegebiet als Chance. Die aus dem Harz kommende B 6n wird südlich von Dessau die die Autobahn 9 erreichen. Dort empfehlen die Kölner die Neuausweisung von Gewerbeflächen, unabhängig davon, dass dies Anhalt-Bitterfelder Gebiet ist. Lichtblau sieht hier eine Tauschmenge. Dessau-Roßlau hilft bei Errichtung und Vermarktung des Gewerbegebietes. Anhalt-Bitterfeld könnte sich im Gegenzug an der Finanzierung des Anhaltischen Theaters beteiligen. Das ist die Theorie. Das Beispiel setzt aber voraus, dass Anhalt-Bitterfeld die Dessau-Roßlauer Hilfe braucht und annimmt.



Zusammenarbeit im Tourismus

"Der Leidensdruck wird zunehmen", sah Joachim Hantusch, der Dessau-Roßlauer Dezernent für Wirtschaft und Stadtentwicklung, eine größer werdende Chance für eine regionale Zusammenarbeit, die vor allem im Tourismus notwendig ist. "Zu wenige Mehr-Tages-Touristen lassen zu wenig Geld hier", bilanzierte Lichtblau. Ändern lässt sich das nur gemeinsam unter der Dachmarke "Luther-Bauhaus-Gartenreich" - und mit einem regionalen Kultur- und Ausstellungszentrum, das die Kölner ausdrücklich forderten. In Dessau. Wo, das blieb am Montag offen. 

Bis das steht, gilt es, an der Stimmung in der Stadt zu arbeiten. Lichtblau empfahl mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen, eine verstärktes bürgerschaftliches Engagement und sah die städtische Wirtschaftsförderung als Motor für die Klimaverbesserung in der Stadt. Mitmachen müssen am Ende alle. "Es gibt in dieser Stadt so viele Vereine und Verbände", resümierte Lichtblau. "Doch es fehlt ein Ziel, ein Miteinander." Und es fehlt ein Stadtmarketing. "Das kann zwar nicht alle Probleme lösen. Es kann aber besser und stärker auf die Potenziale dieser Stadt hinweisen." Dass es diese gibt, ist unstrittig. 




Quelle: http://www.mz-web.de/7830170 ©2017


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Clemens Koschig - Wegbereiter der Fusion

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Wir sind unserer Zeit voraus


Dessau/MZ. -
Vorab sprach MZ-Redakteur Steffen Brachert mit Dessaus amtierendem Stadtoberhaupt Karl Gröger und dem Roßlauer Bürgermeister Klemens Koschig, der am 1. Juli als neuer Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister vereidigt wird.

*In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag fusionieren die Städte Dessau und Roßlau. Was überwiegt: Wehmut oder Vorfreude?

Gröger: Wider allen Unkenrufen, trotz aller Schwierigkeiten: Wir - und damit meine ich die Verwaltung und die Stadträte in beiden Städten - haben diese Fusion gut vorbereitet. Ich spüre da Freude und Genugtuung, dass uns das gelungen ist. Die Vernunft hat sich durchgesetzt. Schon heute ist nicht mehr auszudenken, wenn Dessau per Gesetz seine Kreisfreiheit verloren hätte. Mit der Fusion ist es uns gelungen, ein Höchstmaß an Selbstverwaltung zu erhalten.
War es das alle Mühen wert?

Koschig: Das ist heute nicht zu beantworten, weil es Negativbeispiele braucht, um zu beurteilen, was sonst passiert wäre. Letztlich muss es die Geschichte zeigen. Ich glaube aber: Wir sind mit dieser Fusion unserer Zeit voraus. Die politische Entwicklung muss hin zu größeren Verwaltungseinheiten gehen.

*Der Fusionsprozess war nicht frei von Problemen. Es gibt bis heute keinen Fusionsvertrag.

Gröger: Es gab Probleme, die Absichten des Fusionsvertrages mit dem Gesetz in Einklang zu bringen. Das ist richtig. Doch das ist am Ende nicht entscheidend.

Koschig: Wir haben immer betont, wir halten uns an den Geist des Vertrages. Wir haben da nie Zweifel gelassen. 

*Eine Eingemeindung hätten beide Seiten wahrscheinlich viel problemloser haben können.

Gröger: Ein Eingemeindung hätte nicht funktioniert. Da hätte es 2005 keine Akzeptanz gegeben. Wir haben uns für den schwereren, dornenreichen Weg entschieden.

Koschig: Die Fusion war die einzige Möglichkeit, in Roßlau eine Mehrheit zu finden.

*Was war das Schwerste im Fusionsprozess?

Koschig: Ich denke, das war das Ringen um die Wahrheit, die immer in der Mitte liegt.

*Wann werden sich die Dessauer und Roßlauer als Dessau-Roßlauer fühlen?

Gröger: Ich weiß gar nicht, ob das ein Ziel ist. Die Kühnauer sind zuerst Kühnauer und dann Dessauer und vielleicht irgendwann einmal Dessau-Roßlauer.

Koschig: Phonetisch ist Dessau-Roßlau nicht ganz einfach. Je mehr es uns gelingt, dass sich die Einwohner in ihren Stadtteilen wohlfühlen, desto mehr wird die Akzeptanz für die gesamte neue Stadt zunehmen. Ich sage: Das Zusammenwachsen hat längst begonnen. Ich bin davon überzeugt, wenn wir heute in Roßlau noch einmal über die Fusion abstimmen würden, dann wäre die Zustimmung bei den Bürgern viel höher als die 52 Prozent von 2005.

Gröger: Wir müssen es hinkriegen, dass der Verwaltungsapparat ab Montag sofort und nahtlos miteinander verzahnt wird. Der Bürger darf die Fusion nicht spüren, nicht negativ zumindest.

*Skeptiker sehen ein künstliches Gebilde, das entsteht: eine Stadt, die längst auf Landkreisgröße angewachsen ist.

Koschig: Das ist eher für die Verwaltung ein Problem als für den Bürger. Aber es ist kein unlösbares Problem.

*Es gibt ab 1. Juli 14 Ortschaftsräte, wenn Vockerode, Wörlitz und Horstdorf dazu kommen, sogar 17. Ist das noch händelbar?

Koschig: Wir werden verwaltungsintern die personellen Voraussetzungen dafür schaffen. Klar ist: Die Ortschaftsräte haben sich bewährt, sind eine sehr sinnvolle Einrichtung. Die Bürger haben einen Ansprechpartner vor Ort, die Verwaltung besitzt ein wichtiges Bindeglied. Das tut der Effizienz keinen Abbruch. Es stärkt das Ehrenamt.

*Herr Gröger, mit der Fusion endet Ihre Zeit als Oberbürgermeister. Was waren das für acht Monate?

Gröger: Es war eine der schönsten und anspruchsvollsten Herausforderungen. Es war ein unwahrscheinlicher Lern- und Erkenntnisprozess - mit vielen unpopulären Entscheidungen, die zu treffen waren. Ich bin stolz, dass wir in dieser Zeit ein paar ganz wichtige Dinge gerissen haben: Wir haben einen ordentlichen Haushalt beschlossen. Wir sind auf Augenhöhe mit Halle und Magdeburg. Das Land will das Finanzausgleichsgesetz zugunsten der Oberzentren ändern. Wir haben mit Anhalt-Zerbst einen ganzen Kreis aufgeteilt.

*Welchen Tipp geben Sie Klemens Koschig?

Gröger: Neben guten Wünschen den Rat, jedes Problem hinreichend zu beleuchten, sich immer in die andere Seite hineinzudenken, dann aber schnell zu entscheiden. Klemens Koschig hat bei allen Schwierigkeiten eine große Chance: In den nächsten sieben Jahren gibt es keine Kommunalwahlen. Das gibt eine Ruhe, die man nicht hoch genug einschätzen kann.

*Wie sieht Dessau-Roßlau am 1. Juli 2014 aus?
Koschig: Die Stadt wird noch ein Stück schöner sein. Vielleicht fühlen sich die Bürger sogar schon als Dessau-Roßlauer.







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2007 - Fusion wird Realität

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Vom 30. Juni zum 1. Juli 2007 verschmelzen die beiden Städte Dessau und Roßlau im Zuge der Gebietsreform zu einer Doppelstadt. Für die Bürgerinnen und Bürger beider Städte wird dies zum Teil mit Veränderungen verbunden sein, vieles bleibt aber auch unverändert bestehen.


Das Amtsblatt der Stadt Dessau erscheint mit der Juli-Ausgabe zum letzten Mal. Auch wenn es sich noch um die letzte Ausgabe des Amtsblattes der Stadt Dessau handelt, wird es doch auch schon in Roßlau an alle Haushalte verteilt.

Bedingt durch die Fusion beider Städte zum 1. Juli 2007 erscheint dann für den Monat August die Nummer 1 des Amtsblattes der neuen Stadt Dessau-Roßlau, die kostenlos an alle privaten Haushalte in der neuen Doppelstadt ausgeliefert wird. Erscheinungstermin ist dann immer - wie in Dessau schon geläufig - der letzte Samstag im Monat. Neu für die Roßlauer Bürger ist, bedingt durch die monatliche Erscheinungsweise des Amtsblattes, dass Sitzungstermine des Stadtrates und der Ausschüsse rechtzeitig in der Mitteldeutschen Zeitung veröffentlicht werden.


Die Fusion von Dessau und Roßlau will es, dass beide Städte - rechtlich gesehen - zum 30. Juni aufhören zu existieren, bildlich gesprochen: untergehen. Nach der konstituierenden Sitzung des Stadtrates und der Amtseinführung des Oberbürgermeisters Klemens Koschig am Morgen des 1. Juli in der Marienkirche nimmt die Stadt Dessau Roßlau dann ihre Arbeit auf.


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Die Probleme der Gebietsreform

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Zerbst/MZ. -

Die Entlassung der Elbestadt aus dem Landkreis Anhalt-Zerbst wäre Voraussetzung dafür, dass die Städtefusion Dessau-Roßlau wie von beiden Kommunen vereinbart zum 1. Januar 2006 erfolgen kann. In seinem Antrag hatte der Roßlauer Bürgermeister Klemens Koschig auf den positiven Bürgerentscheid vom März 2005 zur Städtefusion verwiesen und darauf, dass die Fusion zum 1. Januar 2006 beim Landesverwaltungsamt beantragt worden sei. Der Roßlauer Stadtrat habe Koschig einstimmig beauftragt, die Auskreisung zu beantragen, heißt es in einem Schreiben an Landrat Holger Hövelmann. Dieser wird darin gebeten, "sowohl in den Genehmigungsverfahren zu Fusionsvertrag und Auskreisungsbegehren als auch bei der zügigen Verhandlung der Auseinandersetzungsvereinbarung" mit der Stadt Dessau den "eingeschlagenen Weg der Fusion" zu unterstützen.

Im Gesetzentwurf über die Kreisgebietsreform ist die Neugliederung der Landkreise zum 1. Juli 2007 vorgesehen. Die Fusion der Städte Dessau und Roßlau, so der Kreistagsbeschluss, sollte auch erst zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Diese sei allein schon wegen der komplizierten Vermögensauseinandersetzung zwischen Anhalt-Zerbst und Dessau nicht früher möglich. Der von Dessau und Roßlau angestrebte Fusionstermin zum 1. Januar 2006 sei "völlig unrealistisch".

Laut Gemeindeordnung gibt es zwei Möglichkeiten für die Stadt Roßlau, eine Gebietsänderung (Fusion mit Dessau) in die Wege zu leiten. Zum einem könnte der Landtag ein entsprechendes Gesetz erlassen. Im Entwurf zur Kreisgebietsreform ist wird jedoch als Fusionstermin der 1. Juli 2007 genannt. Zum anderen wäre eine frühere Städtefusion nur mit Zustimmung des Landkreises Anhalt-Zerbst möglich.

"Die Bildung der Doppelstadt Dessau-Roßlau ist unstrittig, muss aber so erfolgen, dass umliegende Landkreise in ihrer Lebensfähigkeit nicht beeinträchtigt werden", begründete Landrat Hövelmann (SPD) vor dem Kreistag, warum er für die Ablehnung des Roßlauer Antrages eintritt.

Hövelmann kann sich statt der Städtefusion zum Januar 2006 vorstellen, "dass Roßlau und Dessau jetzt ihre gemeinsame Zukunft vorbereiten", aber erst 2007 "mit dem Segen des Landkreises Anhalt-Zerbst" fusionieren. Die Nachteile für Anhalt-Zerbst würden anderenfalls die Vorteile einer früheren Städtefusion überwiegen und auf den Landkreis kämen "Riesenprobleme zu, die fast nicht lösbar sind". Im Beschlussantrag werden hierzu finanzielle Verluste durch das Ausscheiden von 13 900 Roßlauer Einwohnern aus Anhalt-Zerbst genannt, außerdem die ungeklärte Zukunft der Verwaltungsgebäude in der Bergt-Straße in Roßlau und die unterschiedlichen Bearbeitungsformen für das Arbeitslosengeld II durch ein Jobcenter in Dessau und die Kommunale Beschäftigungsagentur in Anhalt-Zerbst. 

Der anteilmäßig erfolgende Wechsel von 90 Verwaltungsmitarbeitern aus Anhalt-Zerbst nach Dessau würden laut Hövelmann zur Handlungsunfähigkeit des Landkreises führen. Das Dessauer Angebot, diese 90 Mitarbeiter zwar aus dem Stadthaushalt zu bezahlen, aber in der Anhalt-Zerbster Kreisverwaltung zu belassen, ist laut Landrat Hövelmann "mit der bestehenden Rechtslage unvereinbar".

Für den Fall, dass der Kreistag eine Entlassung der Stadt Roßlau aus dem Kreisgebiet zum 31. Dezember 2005 ablehnt, hat Bürgermeister Klemens Koschig vorsichtshalber die "Auskreisung" zu einem noch festzulegenden "Ersatztermin" beantragt.


– Quelle: http://www.mz-web.de/9091172 ©2017


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Der Tag des Untergangs meiner Heimatstadt

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Bürgerentscheid in Roßlau


Roßlau/MZ. -

An einem Sonntag pflegt die Elbestadt Roßlau für gewöhnlich den Müßiggang. Der Hund wird ausgeführt und der Pegel der hochwasserführenden Elbe persönlich kontrolliert. Das Mittagessen steht mit Glockenschlag zwölf auf dem Tisch und dann ist Mittagsruhe. Am Sonntag aber summte und brummte es auf den Straßen und Plätzen: Roßlau strömte in die sechs Wahllokale. 12 255 Wahlberechtigte waren aufgerufen, über eine Fusion der Städte Roßlau und Dessau zu entscheiden.

Der Plan ist umstritten seit den ersten Gesprächen. Für die Entscheidung hatten sich die Roßlauer einen Bürgerentscheid nach allen Regeln der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalts ausbedungen.

Der Abstimmungstag war mit großer Spannung erwartet worden. Schon am Vormittag zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Im Wahllokal im Rathaus hatten gegen Mittag bereits über 26 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt, in anderen Abstimmungsorten sah es ähnlich aus.

In einigen Wahllokalen ging es zeitweise zu wie in einem Taubenschlag, einige mussten vor der Abstimmung Schlange stehen. "Das hatten wir zuletzt bei Wahlen in der DDR", sagten Hilmar und Konstanze Lippold lachend. Die Roßlauer machten nach ihrer Abstimmung, für die elektronische Wahlgerät genutzt wurden, kein Hehl über ihr Votum. "Wir haben für ein eigenständiges Roßlau gestimmt", so Hilmar Lippold. "Ich bin von Anfang an Roßlauerin. Und das will ich bleiben", sagte Frau Konstanze.

Für den neuen Weg hingegen hat sich Jutta Didlaukies ausgesprochen. "Wir dürfen doch nicht immer nur zurückblicken. Die Situation heute ist eine ganz andere als 2001", so die 68-Jährige. Vor dreieinhalb Jahren hatte Roßlau schon einmal über eine Eingemeindung abgestimmt - und sich mit großer Mehrheit für die Eigenständigkeit ausgesprochen.

Pro und Kontra hielten sich bei der stichprobenartigen Umfrage vor den Wahllokalen die Waage. Diskutiert wurde nicht mehr, gestritten auch nicht. Heftige Debatte hatte es in den Wochen zuvor genug gegeben.





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Was wir wollten = Anhalt

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Für eine starke Region Anhalt


Roßlau/MZ. -

Ursprünglich sammelte die Bürgerinitiative Unterschriften für einen Bürgerentscheid über die Fusion der Städte Dessau und Roßlau. Mit dem einstimmigen Beschluss des Stadtrates vom 10. Februar sei dieses Ziel erreicht, stellte Gerdung fest. Den Beschluss des Stadtrates, das Ergebnis des Bürgerentscheides anzuerkennen, ganz gleich, wie es ausfällt, nannte der Sprecher "ein Beispiel lebendiger Demokratie". Nun gehe es der Bürgerinitiative darum, "die Schlüsselfunktion" herauszustellen, die die Stadt Roßlau bei der Kreisgebietsreform einnehme. So trete man sowohl für die Eigenständigkeit der Elbestadt ein, als auch für einen Regionalkreis Anhalt mit einer Kreisstadt Dessau, "der über die Region hinaus wahrgenommen wird".

Eine Gefahr für den Status Dessaus als Oberzentrum sieht Peter Dreibrodt, ebenfalls Sprecher der Bürgerinitiative, nicht. Die Kreisfreiheit habe damit nichts zu tun, Einrichtungen wie Theater und Sportstätten müssten auch in einer Kreisstadt Dessau vorgehalten werden. Anders lautende Behauptungen gehen, so Dreibrodt, an den Realitäten vorbei.

Vor einem Verlust des Einflusses der Bürger auf die Geschicke ihrer Stadt warnte der Vorsitzende des FDP-Kreisverbandes, Burkhard Bader: Die Zahl der Roßlauer Stadträte werde nach der Fusion mit Dessau stark schrumpfen. Moralische Bedenken zur Städtefusion hegt Rudolf Allenstein: "Roßlau ist so groß, dass es als selbstständige Verwaltungseinheit bestehen kann und nicht um jeden Euro in Dessau betteln muss. Wir sind nicht berechtigt, das Stadtrecht aus dem Fenster zu werfen", mahnte er.

Die Bürgerinitiative "Für Roßlau" wird ihre Ziele auf der Handwerkermesse am 26. / 27. Februar in der Elbe-Rossel-Halle erläutern. Am gleichen Ort ist für den 1. März eine Podiumsdiskussion über Vor- und Nachteile der Städtefusion geplant.

Allein schon die Aktivitäten der verschiedenen Bürgerinitiativen hätten in jüngster Zeit zu überregionaler Wahrnehmung der Region Anhalt beigetragen, bemerkte Gerdung. "Das ist doch ein schöner Erfolg, der uns ermutigt, diesen Weg weiter zu gehen, damit Anhalt künftig auch von Investoren stärker wahrgenommen wird", schloss der Sprecher seine Ausführungen.



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